GstettnWie viele Großstädte, so verliert auch Wien immer mehr Freiflächen. Die Bebauung wird verdichtet, die Häuser erklimmen immer größere Höhen. Auf der Strecke bleiben neben ökologisch wichtigen Arten auch unsere Kinder. Denn Spielplätze sind rar und wirkliche Erlebnisflächen so gut wie verloren gegangen.
Während man in Berlin sog. Naturerfahrungsräume auf ehemalig industriell genutzten Flächen zu realisieren beginnt, herrscht in Wien diesbezüglich noch echtes Brachland. Dabei wären gerade solche Flächen für Kinder und Jugendliche eine gute Sache.
Sicher kommt nun gleich einmal der Hinweis auf das Gefahrenpotential für Verletzungen jeder Art solcher Areale, aber ist es nicht gerade die „Gefährlichkeit“ die einen Menschen zum Nachdenken und Aufpassen anregt und manchmal richtig zwingt?
Auf einem gestylten Kinderspielplatz tut sich wenig Neues. Die Einrichtung ist vorhanden, meist lieblos von Erwachsenen geplant, die entweder selbst sich nie auf echten Freiflächen bewegen konnten oder dies schon vergessen oder verdrängt haben. Schon nach einer relativ kurzen Zeit stellt sich Tristesse ein, neue Erlebnisse sind ausgeschlossen, denn die einzementierte „Landschaft“ verändert sich ja nicht. Möglicherweise nur in dem Sinn, dass die Stadtreinigung oder das Stadtgartenamt regelmäßig für die entsprechende Wiederherstellung des Ausgangszustandes sorgt.
Dabei würden derartige Flächen ein großes Potential beinhalten, dass für die gesellschaftliche Entwicklung von großem Wert wäre.
Einmal könnten Kinder und Jugendliche dort auf Bäume kraxeln können, Gräser und Büsche nach belieben „verwenden“ dürfen -also die Natur wirklich als solche angreifen und erfahren können. Bis auf gröbere Eingriffe, wie etwa Baumfällungen, das Absägen größerer Äste, entzünden von Feuern und dergleichen, sollte möglichst viel erlaubt sein. Wer einmal einen Ast abbrechen will, um zu erfahren wie sich das anfühlt, sollte hier die Gelegenheit haben. Einmal ein Loch ausbuddeln, warum nicht? Einfach mal ausspannen und eine Hängematte zwischen zwei Bäumen befestigen, hier geht’s.
Natürlich sollte ein übertrieben mutwilliges Zerstörungsgehabe in die Schranken gewiesen werden. Dies ließe sich durch speziell geschulte „Aufsichtspersonen“ (→ etwa Langzeitarbeitslose) erledigen, die tagsüber auf dem Areal anzutreffen wären und bei kleineren und größeren Notfällen für Hilfe sorgen könnten bzw. auch Anlaufstelle sein sollten, wenn etwas aus dem Ruder zu laufen droht.
Und die geschändete Natur werden nun manche fragen. Ja auch die kommt zu ihrem Recht. Einmal wird das Areal sich im Großen und Ganzen sich selbst überlassen. Was sprießen will kann sprießen wie es will. Hinter mancher unscheinbaren Mauer auf einer Hauptverkehrsstraße oder einer Plakatwand existieren heute schon geheimnisvolle Winkel, die zumeist unentdeckt bleiben und schnell zerstört werden, ohne je die Beachtung des Menschen gefunden haben. Eine Menge von bedrohten Arten fände hier ein neues und dauerhaftes Zuhause. Damit dies wirklich gelingt, sollte dem Areal ein kleine Erholungspause während der Wintermonate gewährt werden. Ich denke hier so ab Mitte November bis Ende Februar oder besser Mitte März sollte es eine komplett gesperrte Fläche sein.
Wäre interessant ob sich jemand über die Realisierung eines solchen Naturerfahrungsraumes in Wien traut. Was meinen Sie?

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